Respekt für diese beeindruckende Leistung, Frau Doktor: Die Dame auf dem Foto ist Ingeborg Syllm-Rapoport - und sie hat jetzt im Alter von 102(!) Jahren ihre mündliche Promotionsprüfung abgelegt. Damit ist die betagte Berlinerin der älteste Mensch, der jemals eine Doktorarbeit abgeschlossen hat.
Der Hintergrund der ungewöhnlichen Geschichte ist aber eher tragisch: Ingeborg Syllm-Rapoport hatte die Doktorarbeit bereits 1938 angefertigt, wegen ihrer jüdischen Abstammung war ihr die Zulassung zur Prüfung während des Nationalsozialismus aber verwehrt worden. Die Ungerechtigkeit ist aber nur ein kurzer Rückschlag in ihrer Karriere: Sie reist in die USA aus, studiert zwei weitere Jahre lang und promoviert dort zum ersten Mal. 1952 kehrt sie aus dem Exil zurück und wird in der DDR eine hochdekorierte Professorin für Neonatologie (Neugeborenenheilkunde) an der Berliner Charité. Nach der jetzigen Anerkennung der ersten Doktorarbeit am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) darf sie sich "Prof. Dr. Dr." nennen.
Die Prüfer seien alle "sehr nett und tolerant" mit ihr gewesen, sagte Syllm-Rapoport jetzt dem Berliner Tagesspiegel. Und auch der Dekan der Medizinischen Fakultät, Prof. Uwe Koch-Gromus, ist zufrieden mit dem späten Happy End: "Mit dieser nachträglichen Promotion können wir geschehenes Unrecht nicht wiedergutmachen. Aber wir tragen damit zur Aufarbeitung der dunkelsten Seiten deutscher Geschichte an den Universitäten bei."